Rollenklischees im Familienalltag
"Das ist kein Spiel für Mädchen" oder "Du weinst wie ein Mädchen"? Solche Floskeln sind diskriminierend und sollten nicht zum Familienalltag gehören!
11.10.2020
An alle, die jemals gesagt haben: "Du weinst wie ein Mädchen", "Du läufst wie ein Mädchen", "Du siehst ja aus wie ein Mädchen", "Hab dich nicht so, du bist doch kein Mädchen", "Das gehört sich nicht für Mädchen", oder "Das ist kein Spiel für Mädchen"... Klingt das harmlos für Euch? Das ist es aber nicht, also bitte überdenkt solche Floskeln!
Das Thema Geschlechterdiskriminierung hat leider auch mit dieser Art der Erziehung was zu tun. Mit Klischeedenken wird das Ungleichgewicht angeheizt und die Rollenmustern werden in den kleinen Menschen fest verankert.
Heute wird der Weltmädchentag gefeiert, um auf die Belange von Mädchen weltweit aufmerksam zu machen. Denn Mädchen werden als das schwache Geschlecht dargestellt und behandelt. Sie werden oft sogar in ihrer eigenen Familien diskriminiert, werden weniger wertgeschätzt, dürfen weniger selbst bestimmen und haben weniger Freiheiten. Während wir hier uns mit Rollenfragen beschäftigen dürfen, ob Mädchen rosa und Jungs blau tragen sollen, warum die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern entsteht, u.s.w., stehen viele Mädchen weltweit vor ganz anderen Herausfoderungen.
Wichtige Fakten über Mädchen
- Fast neun von zehn Kindern leben in Ländern mit niedrigem oder mittlerem Einkommen. Die Hälte der Kinder sind Mädchen.
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Die Lebenserwartung eines in Deutschland geborenen Mädchens ist durchschnittlich 83 Jahre, in einem armen Land etwa 20 Jahre kürzer.
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In einigen Ländern entscheiden sich Eltern für die Abtreibung eines gesunden Kindes, nur weil es weiblich ist.
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550 Millionen Stunden pro Tag arbeiten laut Unicef Mädchen zwischen 5 und 14 Jahren weltweit im Haushalt, und erledigen Aufgaben wie Kochen, sauber machen, sich um Geschwister kümmern oder Wasser holen. Diese Hausarbeit wird oft übersehen und wenig wert geschätzt.
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In den Ländern, in denen weibliche Genitalverstümmelung praktiziert wird (als Teil eines Übergangsrituals vom Mädchen zur Frau), ist durchschnittlich jede dritte junge Frau betroffen.
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Heute leben etwa 650 Millionen Mädchen und junge Frauen, die vor ihrem 18.Geburtstag verheiratet waren. Viele davor gehen seit der Kinderehe nicht mehr zur Schule, müssen sich um den Haushalt kümmern, werden früh Mutter, und sind oft dabei physischer und sexueller Gewalt durch ihren Partner ausgesetzt.
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Mädchen liegen bei Bildung in weltweiten Durchschnitt immer noch zurück. Eins von vier Mädchen im Alter von 15-19 Jahren ist weder in der Schule noch geht es einer bezahlten Beschäftigung oder Weiterbildung nach.
- Das neuste Problem ist die digitale Gewalt! Laut einer Studie von Plan International haben 58% der Mädchen weltweit / 70% der Mädchen in Deutschland im Alter von 15-24 Jahre Bedrohungen, Beleidigungen und Diskriminierungen in den sozialen Medien erfahren. Als Folge verlieren die jungen Frauen ihr Selbstvertrauen, haben Ängste und erleiden soziale Isolation.
- Der jüngste Mensch, der einen Nobelpreis bekommen hat, ist ein Mädchen! Die damals 17-jährige pakistanische Kinderrechtlerin Malala Yousafzai erhielt den Friedensnobelpreis in 2014. Sie begann ihren Einsatz für die Bildung von Mädchen im Alter von zehn Jahren.
Was können wir tun?
Auch wenn Mädchen in Deutschland unter anderen Lebensumständen groß werden als in vielen anderen Ländern, besteht auch hier trotz formaler Gleichberechtigung, noch Handlungsbedarf, um ihnen ein selbstbestimmtes, chancengleiches und gewaltfreies Leben zu ermöglichen.
Was können wir als Eltern, als Familienmitglieder, als Erzieher*innen und Lehrer*innen nun tun, um etwas zu verbessern? Wir können einerseits die Mädchen stärken, anderseits auch versuchen die Rollenklischees abzubauen.
Ich habe dazu einige schöne Informationen gefunden und präsentiere Euch nun eine kleine Links-Zusammenstellung:
- Ideen, um Mädchen zu stärken:
https://berlinmittemom.com/weltmaedchentag_2018_whoruntheworld_girls/ - Die Rosa-Hellblau-Falle: Rollenklischees im Familienalltag und wie man ihnen entkommt:
https://rosa-hellblau-falle.de/ - Klischeefrei fängt früh an - ein Methoden-Set zur Reflexion von Geschlechterklischees in der frühkindlichen Bildung
https://www.klischee-frei.de/dokumente/pdf/Kita_Klischeefrei_BA.pdf
Kinderbücher über Rollenbilder
Die Webseite https://klischeesc.de/ bietet eine interessante Auswahl an Büchern, die ein Einstieg in den Themenbereich Rollenbilder und Geschlechterstereotype sein kann. Sie richtet sich an Großeltern, Eltern, Tageseltern, Fachkräfte von Kindertagesstätten und Familienzentren, Fördervereinen oder einfach an Menschen, die an dem Thema interessiert sind!
- "Sei ein Mädchen" von Raimund Frey & Jochen Till
Mädchen können nicht kicken? Mädchen sind immer wohlerzogen? Mädchen können kein Mathe und sie verstehen nichts von Technik? So ein Blödsinn! Mädchen können nämlich ALLES! Also: Sei ein Mädchen und glaub an dich! Zeig das, was du kannst, auch wenn du mal aus der Reihe tanzt. - "Der geheimnisvolle Ritter Namenlos" von Cornelia Funke & Kerstin Meyer
Prinzessin Violetta will auch so reiten und kämpfen können wie ihre großen Brüder. Ihr Vater, König Wilfried, hat allerdings ganz anderes mit ihr vor. Zur Feier ihres Geburtstages wird ein Turnier stattfinden. Dass der Sieger Violetta zur Frau bekommen soll, will sie unbedingt verhindern. Aber dann taucht ein geheimnisvoller Ritter auf ... - "Traum-Berufe" von Cai Schmitz-Weicht & Ka Schmitz
Lisa sitzt über ihren Hausaufgaben. Einen Aufsatz zum Thema „was sie einmal werden möchte“ soll sie schreiben. Doch es wollen ihr partout keine spannenden Berufe einfallen. Ihr kleiner Bruder Philip und seine Freundin Adila eilen zu Hilfe und überlegen begeistert mit. Zusammen entwickeln die Kinder jede Menge Ideen, Wünsche und Träume rund um die Themen Arbeit und Berufe. - "Rosa Monster" von Olga des Dioz
Rosa Monster war schon immer anders als die anderen. Deshalb fühlt es sich in seinem Dorf fehl am Platz und träumt lieber davon, andere Orte zu entdecken. Eines Tages traut es sich schließlich, loszuziehen und die Welt zu erkunden. Was für eine tolle Idee! - Der Junge im Rock von Kerstin Brichzin & Igor Kuprin
„Du siehst aus wie ein Mädchen", „Das ist falsch, was du anhast", rufen ihm die Kinder in der neuen Kita zu. Sie grenzen ihn aus, hänseln ihn. Jungs tragen keine Röcke. Jungs tragen dunkle Farben, Power-Ranger-T-Shirts und spielen mit Baggern. Röcke sind für Mädchen, genau wie Rosa und Prinzessin Lillifee. So vermittelt es zumindest unsereGesellschaft und ist damit äußerst erfolgreich: Es gibt klare Vorstellungen davon, was männlich und was weiblich ist und wer was anziehen soll.
Familien-Challenge
Unsere Familien-Challenge für heute ist eine große Bitte um Selbstreflexion: Vermittelt Ihr Euren Kindern Rollenklischees?
Euer Feedback ist wie immer willkommen!
Autor :
Porta Familia
Eingestellt am 11.10.2020